Das Hinweisgeberschutzgesetz (kurz HinSchG) wurde am 11.Mai 2023 vom Bundestag verabschiedet und am darauffolgenden Tag vom Bundesrat bestätigt. Die Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt erfolgte am 2. Juni 2023 (Teil I Nr.140). Laut Artikel 10 II des HinSchG ist dieses bereits am 2. Juli 2023 in Kraft getreten.
Seinen Ursprung findet das Hinweisgeberschutzgesetz in der EU-Whistleblowing-Richtline (RICHTLINIE (EU) 2019/1937) vom 23. Oktober 2019, welche am 16. Dezember 2019 in Kraft trat. Hierbei handelt es sich um eine Richtlinie mit Mindestharmonisierung. Bedeutet, dass in der europäischen Richtlinie Mindeststandards festgesetzt werden, denen die Mitgliedsstaaten Folge zu leisten haben. Es steht den Mitgliedstaaten jedoch auch frei höhere Standards festzulegen, als in der Richtlinie vorgegeben werden.[1]
Die Mitgliedsstaaten hatten für die Umsetzung ins nationale Recht bis zum 17. Dezember 2021 Zeit.
Da der deutsche Gesetzgeber seiner Umsetzungspflicht ins deutsche Recht nicht nachgekommen ist, wurde 27. Januar 2022 ein Vertragsverletzungsverfahren seitens der EU gegen Deutschland eingeleitet.
Hintergrund der Richtlinie ist der Schutz von Whistleblowern bei der Meldung von Verstößen ihres Arbeitgebers. Da bis dato keine einheitliche europäische Regelung über den Schutz von Hinweisgebern bestand, haben viele Hinweisgeber in der Vergangenheit aus Angst vor Repressalien von ihrem Tun abgelassen.[2]
Die EU erkennt die Bedeutung von Whistleblowern für die Gesellschaft an, denn „sie tragen zur Vermeidung von Schäden und zur Aufdeckung von Bedrohungen oder Schäden des öffentlichen Interesses bei“.[3]
[1] EUR-Lex Richtlinien der Europäischen Union, Stand: 05.06.2023.
[2] https://commission.europa.eu/aid-development-cooperation-fundamental-rights/your-rights-eu/protection-whistleblowers_de, Stand: 05.06.2023.
[3] https://commission.europa.eu/aid-development-cooperation-fundamental-rights/your-rights-eu/protection-whistleblowers_de, Stand: 05.06.2023.
Das Hinweisgeberschutzgesetz dient dem Schutz natürlicher Personen, die von Fehlverhalten oder Verstößen ihres Arbeitgebers Kenntnis erlangt haben und dies an eine Meldestelle weitergeben. Diese Personen werden auch als Hinweisgeber oder Whistleblower bezeichnet.
Um ein solches Verhalten zu fördern versagt das Hinweisgeberschutzgesetz, dass Hinweisgeber mit Kündigungen, Abmahnungen oder beispielsweise Disziplinarverfahren rechnen müssen.
Im Rahmen des Hinweisgeberschutzgesetzes wird von Beschäftigungsgebern verlangt, dass diese interne Meldesysteme für ihre Arbeitnehmer errichten. Hierdurch soll der Anreiz geschaffen werden, dass Hinweisgeber sich zunächst an den Arbeitgeber wenden. Dies stellt eine beachtliche Chance für Unternehmen dar, frühzeitig auf Missstände reagieren zu können.
Zudem profitieren auch Beschäftigungsgeber von dem Gesetz, da im Fall von grob fahrlässigen Falschangaben des Whistleblowers sie Schadensersatzansprüche geltend machen können.
Unter einem Hinweisgebersystem sind Meldestellen zu verstehen, an die sich ein Arbeitnehmer wenden kann, wenn diese von Rechts- oder Regelverstößen erfährt.
Vor dem Hinweisgeberschutzgesetz bestand eine gewisse Rechtsunsicherheit für Whistleblower. Ein konkretes Gesetz gab es nicht. Vielmehr wurde der rechtliche Rahmen durch die Rechtsprechung geformt. Durch das Hinweisgeberschutzgesetz soll nun Rechtsklarheit für den Hinweisgeber eintreten, unter welchen Bedingungen dieser zur Veröffentlichung berechtigt ist.
Fraglich ist natürlich, welche Verstöße konkret von dem Hinweisgeberschutzgesetz erfasst sind. Nach dem sachlichen Anwendungsbereich des Art. 1 § 2 HinSchG fallen hierunter:
Beschäftigte können nach dem Hinweisgeberschutzgesetz zwischen einer internen oder externen Meldung wählen. Allerdings wird dazu aufgerufen, dass interne Meldestellen vorgezogen werden, sofern intern wirksam gegen den Verstoß vorgegangen werden kann und keine Repressalien drohen.
Unter Beschäftigte fallen:
Beschäftigungsgeber müssen mindestens eine interne Meldestelle errichten. Bei dieser müssen mündliche und schriftliche Meldungen eingehen können. Für anonyme Hinweise einen Meldekanal einzurichten ist nicht verpflichtend.
Im Rahmen der Meldestelle darf nur die dafür zuständige Person/en Zugriff auf die Meldung des Hinweisgebers haben.
Nach Eingang der Meldung muss ein nach Art.1 § 17 HinSchG vorgeschriebenes Verfahren durchlaufen werden. Der hinweisgebenden Person muss spätestens sieben Tage nach Meldung der Eingang bestätigt werden. Die Meldestelle muss anschließend den Vorwurf überprüfen und mögliche Folgemaßnahmen nach Art.1 § 18 HinSchG ergreifen.
Rückmeldung muss drei Monate nach der Bestätigung des Eingangs der Meldung oder, wenn der Eingang nicht bestätigt wurde, spätestens drei Monate und sieben Tage nach Eingang erfolgen. Der Hinweisgeber muss über Folgemaßnahmen aufgeklärt werden und die Gründe für diese.
Gegen Hinweisgeber gerichtete Repressalien sind verboten, so auch die Androhung oder der Versuch von Repressalien.
Es drohen Sanktionen in Form von Bußgeldern, wenn Meldestellen nicht eingerichtet und betrieben werden oder die Kommunikation zu Meldestellen behindert wird.
Wird gegen das Repressalienverbot verstoßen muss dem Hinweisgeber der entstandene Schaden ersetzt werden.
Es ist erfreulich, dass eine bundesweite Regelung für Hinweisgeber eingeführt wurde. Entgegen der EU-Richtlinie fallen unter das Gesetz nicht nur Hinweise bzgl. Verstößen gegen das Unionsrecht, sondern auch gegen nationales Recht.
Unternehmer sollten keine Zeit verlieren und schnellstmöglich ein internes Meldesystem einführen.