Für Ärztinnen und Ärzte ist die eigene Arbeitskraft das Fundament der beruflichen Existenz. Doch selbst wenn sie gesund sind, können sie durch ein behördliches Berufsverbot auf Basis des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) an der Ausübung ihrer Tätigkeit gehindert werden. Das betrifft insbesondere meldepflichtige Krankheiten oder Krankheitserreger, bei denen ein Ansteckungsrisiko für Patienten besteht.
Ein solches Berufsverbot muss nicht die gesamte Tätigkeit betreffen: Ein HIV-positiver Chirurg darf möglicherweise nicht mehr operieren, kann aber weiterhin beratend arbeiten. Dennoch entsteht ein erheblicher Einkommensverlust. Genau hier greift die sogenannte Infektionsklausel in der Berufsunfähigkeitsversicherung (BU).
Die Infektionsklausel ist eine vertragliche Sonderregelung in der BU-Versicherung. Sie sorgt dafür, dass auch dann Leistungen gezahlt werden, wenn ein behördlich angeordnetes Tätigkeitsverbot vorliegt – ohne dass eine körperliche oder geistige Beeinträchtigung besteht.
Typische Situationen:
Der BU-Versicherer zahlt die vereinbarte Rente, sofern eine wirksame Infektionsklausel besteht.
🔎 Beispiel: Ein niedergelassener Zahnarzt kommt in Kontakt mit einem Patienten, der später positiv auf Hepatitis B getestet wird. Das Gesundheitsamt spricht ein Tätigkeitsverbot aus – obwohl der Zahnarzt selbst negativ getestet wurde. Ohne Infektionsklausel bekommt er kein Geld von seiner BU-Versicherung, obwohl er seinem Beruf nicht nachgehen darf.
Mit Infektionsklausel wird diese Zeit als versicherter Leistungsfall gewertet – der Arzt erhält die monatliche BU-Rente.
Meldepflichtige Krankheiten gemäß § 6 IfSG sind u.a.:
Masern, Tuberkulose, Poliomyelitis, Diphtherie, Cholera, akute Virushepatitis, Tollwut
Weitere meldepflichtige Krankheiten finden Sie hier
Meldepflichtige Erreger gemäß § 7 IfSG:
EHEC, Influenzaviren, Hepatitis-Viren (A–E), FSME-Virus, Norovirus, Salmonellen, Legionellen
Weitere meldepflichtige Erreger finden Sie hier
Wird ein Arzt aufgrund einer meldepflichtigen Infektion mit einem Tätigkeitsverbot belegt, sieht § 56 IfSG eine Entschädigung vor:
Zeitraum | Entschädigung laut IfSG |
---|---|
Bis zu 6 Wochen | Verdienstausfall wird ersetzt |
Ab der 7. Woche | Nur noch Krankengeldniveau |
Achtung: Das reicht bei weitem nicht aus, um laufende Kosten zu decken – zumal auch das Versorgungswerk in diesen Fällen nicht leistet.
Achtung Infektionsgefahr: Gerade während der Coronapandemie wurde deutlich, wie stark medizinisches Fachpersonal durch den täglichen Kontakt mit Patienten und kontaminierten Materialien (z. B. Spritzen, Wunden, Körperflüssigkeiten) gefährdet ist. Ein behördliches Tätigkeitsverbot kann schnell Realität werden – auch ohne dass eine Erkrankung vorliegt. Umso wichtiger ist es, gegen die finanziellen Folgen abgesichert zu sein.
Gesetzliche Grundlage: § 31 Infektionsschutzgesetz (IfSG)
„Die zuständige Behörde kann Kranken, Krankheitsverdächtigen, Ansteckungsverdächtigen und Ausscheidern die Ausübung bestimmter beruflicher Tätigkeiten ganz oder teilweise untersagen.“
Dieses Tätigkeitsverbot kann sich auf Personen beziehen, die Krankheitserreger lediglich in sich tragen, ohne selbst erkrankt zu sein. Für viele Ärztinnen und Ärzte bedeutet das de facto: Berufsverbot – aber ohne Anspruch auf Leistungen, wenn die Infektionsklausel fehlt.
Wichtig: Ohne Infektionsklausel leistet die BU-Versicherung nicht, wenn das Tätigkeitsverbot nicht mit einer dauerhaften gesundheitlichen Einschränkung verbunden ist.
Merksatz: Tätigkeitsverbot ist nicht automatisch gleichzusetzen mit Berufsunfähigkeit – es braucht die richtige Infektionsklausel, damit BU-Leistungen auch bei einer behördlichen Anordnung greifen.
Eine leistungsstarke Infektionsklausel:
💬 „Die juristische Herausforderung besteht darin, dass ein Tätigkeitsverbot ohne Krankheit im klassischen Sinne oft nicht unter die BU-Leistungsdefinition fällt. Nur klar formulierte Infektionsklauseln schließen diese Lücke verlässlich.“ - Dr. iur, Dennis Sturm, LL.M., Gründer & Geschäftsführer von STC
Leistungsstarke Infektionsklausel:
„Berufsunfähigkeit liegt auch dann vor, wenn die versicherte Person aufgrund einer behördlichen Anordnung nach dem Infektionsschutzgesetz nicht mehr berechtigt ist, ihre bisherige berufliche Tätigkeit auszuüben – auch ohne Vorliegen einer eigenen Erkrankung.“
Schlechte oder fehlende Infektionsklausel:
„Leistung wird nur bei nachgewiesener medizinischer Einschränkung der körperlichen oder geistigen Leistungsfähigkeit erbracht.“
Solche Formulierungen schließen eine Leistung bei Tätigkeitsverbot explizit aus, wenn keine Krankheit diagnostiziert wurde.
Beim Abschluss einer BU-Versicherung sollten Ärztinnen und Ärzte darauf achten, dass die Infektionsklausel nicht nur erwähnt, sondern rechtssicher und eindeutig formuliert ist. Prüfen Sie dazu folgende Punkte:
Kriterium | Erklärung |
---|---|
Klare Definition | Steht im Vertrag explizit, dass ein Tätigkeitsverbot nach dem Infektionsschutzgesetz als Berufsunfähigkeit gilt? |
Keine Zusatzbausteine nötig | Ist die Klausel im Grundtarif enthalten oder muss sie separat eingeschlossen werden? |
Keine Einschränkungen | Gibt es Einschränkungen hinsichtlich der Dauer, Ursache oder Art des Berufsverbots? |
Karenzzeiten | Beginnt der Leistungsanspruch sofort oder erst nach mehreren Monaten? |
Viele Versicherer bieten Infektionsklauseln – doch nicht alle sind gleich gut. Hier ein Auszug aus dem Anbietervergleich (Stand 2017):
Versicherer | Infektionsklausel für Ärzte? |
Alte Leipziger | Ja |
AXA | Ja |
Debeka | Nein |
Barmenia | Ja |
HDI | Ja |
Inter | Nein |
Allianz | Ja |
🔎 Tipp: Lassen Sie Ihre Bedingungen individuell prüfen, da sich Tarife und Formulierungen ändern können.
Nicht jede Infektionsklausel ist gleich. Während manche Anbieter nur bestimmte Berufsgruppen wie approbierte Humanmediziner berücksichtigen, schließen andere auch Pflegepersonal oder Studierende mit ein. In Beratung und Praxis ist entscheidend: Wird ein Tätigkeitsverbot nach § 31 IfSG als versicherter Leistungsfall gewertet? Und für wen gilt das konkret?
Eingeschlossene Zielgruppe:
Stärken:
Original-Formulierung (Auszug):
„Berufsunfähigkeit liegt auch vor, wenn und solange
- eine behördliche Anordnung wegen Infektionsgefahr besteht
oder- über einen Hygieneplan eines anerkannten Hygienikers belegt wird, welche Tätigkeiten die versicherte Person nicht mehr ausüben kann
und die versicherte Person dadurch zu mindestens 50 % außerstande ist, ihre Tätigkeit als Human- oder Zahnmediziner bzw. Studierende auszuüben.“
Einschätzung:
Sehr gute Absicherung für approbierte Ärzte und Medizinstudierende im klinischen Teil. Keine Einbeziehung weiterer Heilberufe.
Eingeschlossene Zielgruppe:
Stärken:
Original-Formulierung (Auszug):
„Bei bestimmten Berufen liegt Berufsunfähigkeit auch vor, wenn eine Rechtsvorschrift/behördliche Anordnung wegen Infektionsgefahr mindestens sechs Monate die Patientenbehandlung untersagt. Diese Regelung gilt für Versicherte, die einen der folgenden Berufe ausüben:
- Human- oder Zahnmediziner
- Student der Human- oder Zahnmedizin
- medizinisch behandelnder bzw. pflegerischer Beruf mit Patientenkontakt.“
Einschätzung:
Optimal für Pflegekräfte, Hebammen und Ärzte. Deckt auch den Graubereich medizinischer Assistenzberufe ab – vorausgesetzt, Patientenkontakt liegt vor.
Eingeschlossene Zielgruppe:
Stärken:
Original-Formulierung (Auszug):
„Wenn die versicherte Person
- infolge eines Tätigkeitsverbots nach § 31 IfSG
- voraussichtlich sechs Monate ununterbrochen außerstande ist (oder war), ihren Beruf auszuüben
- und auch keine andere Tätigkeit entsprechend ihrer bisherigen Lebensstellung ausübt,
liegt von Beginn an vollständige Berufsunfähigkeit vor.“
Einschätzung:
Sehr flexibel, aber rechtlich sensibler. Die Klausel greift nur, wenn das Tätigkeitsverbot ausschließlich aus medizinischen Gründen erfolgte - in der Praxis kann das zur Streitfrage werden.
Ein großer Teil der Mediziner geht davon aus, dass ihre Berufsunfähigkeitsversicherung automatisch alle Eventualitäten abdeckt. Die Realität sieht anders aus: Die meisten Standardtarife greifen nur, wenn eine gesundheitliche Beeinträchtigung vorliegt, die länger als sechs Monate andauert. Das reicht bei einem befristeten Tätigkeitsverbot nicht aus.
In der Beratungspraxis sehen wir regelmäßig Verträge, bei denen die Infektionsklausel entweder gar nicht enthalten oder unzureichend formuliert ist. Im schlimmsten Fall führt das im Leistungsfall dazu, dass nicht gezahlt wird – obwohl der Arzt nicht arbeiten darf.
„Die richtige Infektionsklausel entscheidet im Ernstfall über Tausende Euro monatlicher Absicherung. Prüfen Sie nicht nur, ob eine Klausel enthalten ist – sondern für wen, in welcher Formulierung und mit welchen Einschränkungen.“
– Dr. iur. L.L.M., Dennis Sturm, Gründer & Geschäftsführer STC
Für Ärztinnen und Ärzte ist die Infektionsklausel in der Berufsunfähigkeitsversicherung ein Muss. Sie schützt bei einem behördlich angeordneten Tätigkeitsverbot infolge des Infektionsschutzgesetzes – selbst wenn keine Krankheit vorliegt. Nur mit dieser Klausel wird sichergestellt, dass die BU-Versicherung in genau solchen Fällen verlässlich zahlt.
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