Die Umorganisationsklausel ist ein zentraler, aber oft unterschätzter Bestandteil der Berufsunfähigkeitsversicherung – insbesondere für Selbstständige, Praxisinhaber*innen sowie freiberuflich tätige Ärzte und Rechtsanwälte. Diese Klausel kann im Leistungsfall entscheidend sein: Sie bestimmt mit, ob und wann eine BU-Rente gezahlt wird oder nicht.
In diesem Beitrag erfahren Sie, was die Umorganisationsklausel bedeutet, warum sie speziell für bestimmte Berufsgruppen so relevant ist – und worauf Sie bei der Wahl Ihrer BU-Versicherung unbedingt achten sollten.
Die Umorganisationsklausel ist eine vertragliche Bestimmung in vielen BU-Versicherungen, die es dem Versicherer erlaubt, im Leistungsfall zu prüfen, ob der Betrieb oder die berufliche Tätigkeit des Versicherten so umstrukturiert werden kann, dass eine Weiterbeschäftigung – gegebenenfalls in geänderter Form – weiterhin möglich ist. Die Klausel greift typischerweise bei Selbstständigen oder Freiberuflern, die eigenverantwortlich ein Unternehmen, eine Praxis oder Kanzlei führen.
🔎 Beispielhafte Klausel: „Berufsunfähigkeit liegt nicht vor, wenn die versicherte Person in zumutbarer Weise weiterhin als Selbstständiger nach wirtschaftlich angemessener Umorganisation innerhalb seines Betriebs tätig sein könnte. Eine Umorganisation ist beispielsweise regelmäßig dann zumutbar, wenn:
Die praktische Bedeutung dieser Klausel ist enorm: Sie entscheidet darüber, ob trotz gesundheitlicher Einschränkungen eine BU-Rente gezahlt wird oder nicht – und zwar nicht anhand der aktuellen Arbeitsfähigkeit, sondern anhand theoretischer Umgestaltungsmöglichkeiten des Unternehmens. Diese Klausel betrifft Selbstständige, Freiberufler, Praxisinhaber und Kanzleiinhaber. Bei angestellten Personen wird sie nicht angewendet.
Selbstständige tragen die volle Verantwortung für ihr Unternehmen und übernehmen meist operative Tätigkeiten selbst. Kommt es zu gesundheitlichen Einschränkungen, kann die Versicherung argumentieren, dass durch Delegation, Digitalisierung oder Restrukturierung eine Weiterführung des Unternehmens möglich sei – und somit keine Berufsunfähigkeit im Sinne der Bedingungen vorliegt. Dies kann im Ernstfall zu einer Ablehnung der BU-Rente führen, obwohl die versicherte Person faktisch nicht mehr in der Lage ist, ihren Beruf in vollem Umfang auszuüben.
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Besonders bei Ärzt*innen in eigener Niederlassung spielt die Umorganisationsklausel eine bedeutende Rolle. In der Theorie könnte der Praxisbetrieb durch Einstellung von angestellten Ärzten, das Auslagern bestimmter Behandlungen oder das Einnehmen einer rein beratenden Funktion weitergeführt werden. Ob dies jedoch wirtschaftlich, organisatorisch oder emotional tragbar ist, wird dabei häufig nicht ausreichend berücksichtigt. Hinzu kommt, dass viele Mediziner stark operativ tätig sind – und eine beratende Tätigkeit nicht nur fachlich, sondern auch persönlich keine Option ist.
Einige Versicherer bieten spezielle Klauseln an, die bei Ärzten mit weniger als fünf angestellten approbierten Kollegen auf die Umorganisationsprüfung verzichten. Solche Regelungen sind aus Sicht der Absicherung besonders wertvoll und sollten bei Vertragsabschluss aktiv berücksichtigt werden.
Weitere Informationen zur Berufsunfähigkeitsversicherung für Ärzte
Rechtsanwälte mit eigener Kanzlei sehen sich ähnlichen Herausforderungen gegenüber. Die Vorstellung, dass ein Anwalt durch das Übertragen von Mandaten auf angestellte Kollegen oder durch das Erstellen von Gutachten weiterhin „beruflich tätig“ sein kann, wird häufig durch Versicherer als Argument gegen eine Leistungsgewährung genutzt. Dabei wird nicht beachtet, dass die persönliche Bindung zum Mandanten, die Verantwortung für komplexe Fälle und die emotionale Belastung zentraler Bestandteil des Berufs sind – und sich nicht einfach auslagern lassen.
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Die sogenannte Umorganisation bezieht sich auf alle organisatorischen, strukturellen und personellen Änderungen, die theoretisch dazu geeignet wären, den Betrieb oder die berufliche Tätigkeit trotz gesundheitlicher Einschränkungen fortzuführen.
🔎 Typische Beispiele sind:
In der Praxis sind diese Maßnahmen oft weder schnell noch reibungslos umsetzbar. Zudem fehlt es vielen Selbstständigen an der notwendigen Infrastruktur, finanziellen Reserve oder mentalen Kapazität, um eine solche Umstrukturierung neben einer ernsthaften Erkrankung zu bewältigen.
Eine Umorganisation gilt nur dann als zumutbar, wenn folgende Kriterien erfüllt sind:
Im Zweifel empfiehlt es sich, vor Vertragsabschluss konkrete Formulierungen mit einem unabhängigen Experten zu analysieren.
Für Selbstständige mit operativer Verantwortung, medizinische Leistungserbringer sowie rechtsberatende Berufe ist der Arbeitsalltag nicht einfach austauschbar. Die Fähigkeit, aktiv zu gestalten, persönlich zu agieren und Verantwortung zu übernehmen, ist zentraler Bestandteil des Berufsverständnisses. Diese Faktoren lassen sich nicht einfach durch andere Rollen oder Aufgaben ersetzen.
🔎 Beispiel Arztpraxis: Ein Orthopäde, der operativ tätig ist, kann nach einer schweren Handverletzung nicht mehr operieren. Die Versicherung verlangt dennoch, dass er weiterhin als Praxisinhaber aktiv ist – etwa durch organisatorische Tätigkeiten oder das Anstellen eines zweiten Arztes. Doch diese Umstellung kann realitätsfern sein – sowohl finanziell als auch psychisch.
🔎 Beispiel Kanzlei: Eine Anwältin mit Burnout soll laut Versicherer weiterhin als Kanzleiinhaberin tätig sein, indem sie Mandate verwaltet oder delegiert. Dass genau diese Verantwortung zur Erkrankung geführt hat, wird dabei häufig ignoriert.
Vertragsprüfung vor Abschluss
💬 „Die Umorganisationsklausel gehört zu den meistunterschätzten Fallstricken in der BU. Gerade bei komplexen Berufen mit hohem Eigenanteil an Verantwortung ist der Verzicht darauf ein entscheidender Qualitätsindikator für einen guten Tarif.“
– Dr. iur. Dennis Sturm, LL.M., Gründer und Geschäftsführer STC
Wenn eine BU nicht infrage kommt oder nicht optimal ausgestaltet ist, bieten sich ergänzende oder alternative Lösungen an:
Die Schwere-Krankheiten-Absicherung oder auch Dread-Disease-Versicherung bietet finanziellen Schutz bei der Diagnose einer schweren Krankheit. Sobald eine der versicherten Krankheiten festgestellt wird, erfolgt eine Einmalauszahlung der Versicherungssumme.
Weitere Informationen unter Schwere Krankheiten.
Die Grundfähigkeitsversicherung sichert dich ab, falls du aufgrund von Krankheit oder Unfall eine der Grundfähigkeiten verlierst – z. B. Gehen, Sehen, Sprechen oder das Gebrauch der Hände.
Weitere Informationen unter Grundfähigkeit.
Die Pflegezusatzversicherung bietet eine Absicherung für den Fall, dass du aufgrund einer Erkrankung oder eines Unfalls pflegebedürftig wirst. Sie kann als Pflegerente oder Pflegetagegeld abgeschlossen werden.
Weitere Informationen unter Pflegerente, Pflegetagegeld, Pflegerente vs, Pflegetagegeld
Die Umorganisationsklausel in der Berufsunfähigkeitsversicherung ist einer der kritischsten Aspekte für Selbstständige, Ärzte und Juristen – besonders dann, wenn sie operativ stark eingebunden sind oder alleinige Verantwortung tragen. Eine unvorteilhafte Klausel kann im Ernstfall zur Leistungsverweigerung führen – auch wenn eine Rückkehr in den Beruf faktisch unmöglich ist.
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