Fällt ein Erdrutsch unter einen Elementarschaden und ist somit von der Elementarschadenversicherung gedeckt? Dies ist einfach zu beantworten: Ja. Was ist allerdings, wenn sich der Untergrund und Bodenbestandteile über einen längeren Zeitraum verlagern und hierdurch Schäden in Fassaden, Böden und Wänden entstehen? Fällt dies unter einen Erdrutsch?
Hierrüber bestehen seit längerem Meinungsverschiedenheiten, ob Elementarschadensversicherungen auch einen solchen Fall erfassen.
Der BGH hatte letztes Jahr zu entscheiden, inwiefern auch verzögerte und über längere Zeit entstehende Schäden an Fassaden und ähnlichem durch naturbedingte Bewegungen des Untergrundes von einer Wohngebäudeversicherung erfasst sind. Maßgeblich hierfür war die Auslegung des Begriffes „Erdrutsch“. Als Erdrutsch wurde in der Klausel der Versicherung das „naturbedingte Abgleiten oder Abstürzen von Gesteins- oder Erdmassen“ bezeichnet.
Im Rahmen der Wohngebäudeversicherung war der Fall eines Erdrutsches als Elementarschaden erfasst. Hierunter stellen sich die meisten ein drastisches Ereignis vor, bei welchem sich Massen von Hängen in Bewegung setzen.
Was ist aber der Fall, wenn sich der Erdboden jährlich wenige Millimeter bewegt und hierdurch beispielsweise Risse in der Fassade oder Wänden entstehen?
Der BGH hat durch sein Urteil nun einen andauernden Meinungsstreit entschieden.
Das Berufungsgericht hat in dem Fall des sich jährlich bewegenden Unterbodens keinen Erdrutsch gesehen. Argumentiert wurde dies damit, dass umgangssprachlich unter einem Erdrutsch, ein sinnlich wahrnehmbarer Vorgang zu verstehen sei. Dies sei auch für Versicherungsnehmer ersichtlich. Zudem sei ein solcher Vorgang auch nicht ein Abgleiten oder Abstürzen. Laut dem Berufungsgericht sei ein Abgleiten oder Abstürzen als dynamischer Vorgang auszulegen und nicht ein über Jahre andauernder Vorgang. Ein solcher sei vielmehr als „Erdkriechen“ zu bezeichnen. Allgemein würde es sich bei Elementarschäden um deutlich wahrnehmbare Vorgänge handeln, worunter ein solches „Erdkriechen“ nicht falle.
Das Berufungsgericht kam zu dem Entschluss, dass der Fall nicht unter einen Elementarschaden fällt und nicht von der Versicherung gedeckt ist.
Tatsächlich ist der Begriff des „Erdrutsches“ seit längerem in der Rechtsprechung und Literatur streitig. Es stehen sich die Auffassung des Berufungsgerichts und der, dass ein langsame Bewegung des Unterbodens ein Erdrutsch sei, entgegen.
Der BGH hat nun entschieden, dass auch hierunter ein Erdrutsch, und somit ein Elementarschaden, zu verstehen ist.
Laut dem BGH ist die Sicht eines durchschnittlichen, um Verständnis bemühter Versicherungsnehmer der Beurteilung des Begriffes „Erdrutsch“ zugrunde zu legen. Der Begriff sei somit auch in seinem Interesse auszulegen.
Die Definition des Erdrutsches ist aufzuteilen: das Abstürzen oder das Abgleiten. Unter dem Abstürzen versteht der Versicherungsnehmer ein plötzliches Ereignis. Etwas anderes gilt aber für das Abgleiten. Hierunter kann ein Versicherungsnehmer auch einen langsamen Vorgang verstehen. Zudem müsse der Versicherungsnehmer nicht damit rechnen, dass ein solcher Fall vom Versicherungsschutz ausgenommen sei.
Auch, dass unter Elementarschäden primär nur plötzlich auftretende Ereignisse fallen, steht dem nicht entgegen. Denn das Kriterium der Plötzlichkeit sei laut Versicherungskatalog nicht für das Greifen des Versicherungsschutzes vorausgesetzt.
Der BGH hat mit seinem Urteil eine lang bestehende Diskussion beendet. Auch das langsame Bewegen des Unterbodens und hierdurch entstehende Schäden fallen unter einen Elementarschaden. Dies ist vor allem für Versicherungsnehmer erfreulich.
Angesichts des Begriffes „Abrutschen von Gesteins- und Erdmassen“ in Versicherungsklauseln bleibt jedoch offen, ob eine solche langsame Erdbodenbewegung erfasst ist. Denn unter dem Begriff „Abrutschen“ könnte der Aspekt der Dynamik der Bewegung im Vordergrund stehen. Es gilt abzuwarten, ob auch hierzu eine Stellungnahme des BGHs erfolgt.