Ein Thema hat die rechtspolitische Diskussion im Frühjahr 2023 besonders geprägt: das Thema Klimaschutz. Konkret geht es im nachfolgenden Beitrag um den neuen Gesetzesentwurf zur Novelle des Gebäudeenergiegesetz (GEG) und seine Auswirkungen für Vermieter, Mieter und Versicherer. Den Gesetzesentwurf hat die Bundesregierung Ende April fertiggestellt. Er muss noch in den Bundestag zur weiteren Diskussion und Abstimmung eingebracht werden. Inhaltliche Änderungen sind in jedem Fall zu erwarten. Der Entwurf lässt sich als “Gasheizungsverbotsgesetz” bezeichnen, wobei die offizielle Bezeichnung “2. Novelle zum GEG (Gebäudeenergiegesetz)” lautet. Der Gesetzesentwurf hat neben einer beträchtlichen Länge noch einen sprachlichen Korrekturbedarf, um ein geeignetes Maß an Verständlichkeit zu erreichen.
Ab dem 01.01.2024 werden die Regelungen des neuen GEG ihre Wirkungen entfalten. Konkret heißt dies für Gebäudeeigentümer, dass sie keine neuen Gasheizungsanlagen einbauen dürfen, so der § 71 Abs.1 der 2.Novelle zum GEG. Bereits eingebaute Gasheizungsanlagen sind von der Regelung nicht betroffen, sie dürfen also vorerst noch weiter betrieben werden. Eine Ausnahme besteht nach § 71 Buchst. i 2. Novelle GEG, wenn die Anlage eine sog. “Havarie” hat, also einen Totalschaden am Heizungssystem. In diesem Fall darf die alte Anlage gegen eine neue Gasheizungsanlage ausgetauscht werden, die allerdings nach drei Jahren wiederum entfernt werden muss.
Diese wirtschaftlich wenig sinnvolle Lösung hat der Gesetzgeber versucht sozialpolitisch abzumildern. So sind von dieser Regelung Gebäudeeigentümer befreit, die ihr 80. Lebensjahr zum Zeitpunkt des Einbaus der neuen Gasheizungsanlage vollendet haben. Hintergrund dürfte die Überlegung sein, dass Menschen im fortgeschrittenen Alter nur selten in der Lage sind, gesonderte Maßnahmen zu treffen, um den gesetzeskonformen Gebäudezustand zu erhalten. Besteht eine WEG (Wohnungseigentümergemeinschaft) müssen aber alle Mitglieder diese Voraussetzung erfüllen – also über 80 Jahre alt sein – um von dieser Ausnahme zu profitieren. Wird allerdings ab Inkrafttreten das Hauseigentum erst an jemanden veräußert, der sein 80. Lebensjahr vollendet hat, greift die Ausnahme wiederum nicht ein, sodass der Erwerber in diesem Fall verpflichtet ist, die Anforderungen des neuen Gesetzes zu erfüllen.
Die Novelle zum GEG wird spürbare Auswirkungen auf die Miethöhe entfalten. Mieter werden künftig nur auf die Benutzung elektrischer Heizsysteme angewiesen werden. Hinzu kommt die gesetzlich zulässige Möglichkeit für Vermieter, die Kosten der Gebäudemodernisierung – wenn auch "gestaffelt" – auf die Mieter abzuwälzen. Dementsprechend werden auch Mietzinsen in bestehenden Verträgen steigen. Dabei sieht das Gesetz verschiedene Beschränkungen der Mieterhöhungen, unter anderem auch einen “Deckel” bei 50 % der bisherigen Miethöhe vor.
Es sind auch mögliche Erhöhungen der in der Nebenkostenabrechnung zumeist enthaltenen Gebäudeversicherung zu erwarten. Dies ergibt eine wertende Betrachtung der künftigen Marktlage aus Sicht der Gebäudeversicherer, die gegebenenfalls die Prämien anpassen müssten. Denkbar ist etwa eine Steigerung des Brandschadenrisikos in älteren – vielleicht auch unter Denkmalschutz stehenden – Gebäuden, wo ein größerer Modernisierungsaufwand zur Durchführung des Gesetzes bestehen wird. Die nötigen Modernisierungen würden nämlich den Austausch bereits vorhandener Heizsysteme – etwa gegen eine Bodenheizung – umfassen. Der beachtliche Arbeitsaufwand und mögliche Fehler bei der Durchführung können eine Zunahme der – auch eigens verursachten – Gebäudeschäden durch Brand verursachen.
Schließlich sind Prämienerhöhungen in der Gebäudeversicherung für den Mieter von Bedeutung. Der Versicherungsnehmer hat nämlich im Schadensfall einen Anspruch auf Wiederherstellung eines neuwertigen Gebäudes nach dem Stand der Technik. Ab dem 01.01.2024 würden aber für den Versicherer bei der Schadensregulierung Mehrkosten entstehen, da die Heizgasanlage nicht mehr einfach repariert oder gar ausgetauscht werden darf, sondern eine teurere Heizanlage – etwa eines Fernwärme- oder Erdwärmesystems – eingebaut werden muss. Diese veränderte Marktlage kann für den Versicherer eine Prämienanpassung rechtfertigen, wobei letztendlich die Prämienerhöhung den Mieter treffen wird.
Denkbar sind im Kontext der Erneuerung eines Heizsystems drei Konstellationen, in denen die rechtliche Behandlung eines Schadensfalls in Frage stehen kann.
Ist ein Totalschaden am Gebäude entstanden, stellt sich die Frage, welche Leistung vom Versicherer geschuldet wird. Schuldet der Versicherer etwa den Einbau (nur) einer Luftwärmepumpe, oder einer kostspieligen Erdwärmepumpe? Muss eine Fußbodenheizung eingebaut werden, wenn vor dem Versicherungsfall nur Heizkörper verbaut waren?
Möglicherweise können sich Versicherer auf ein sogenanntes "Sublimit" für “Kosten durch technologischen Fortschritt” berufen, das zumeist in einer Klausel in der Versicherungspolice vereinbart ist. Damit könnten Versicherer ab einem gewissen Betrag die Deckung verweigern. Als Argument für diese Begrenzung der Inanspruchnahme des Versicherers käme ein notwendiger Interessenausgleich in Betracht. Hätte der Versicherer im Schadensfall nämlich stets den kompletten Neubauwert - einschließlich Modernisierungen - zu übernehmen, wäre er nicht im Stande, den Wert seiner Leistung adäquat zu kalkulieren.
Festzuhalten ist aber, dass der Versicherer im Schadensfall den Ersatz der notwendigen Reparaturkosten bzw. den Neubauwert des Gebäudes schuldet. Abzustellen ist dabei auf den Zeitpunkt des Versicherungsfalls und damit auf den jeweils aktuellen Stand der Technik. Somit käme es gar nicht auf die Klausel zur Deckung von "Kosten durch einen technologischen Fortschritt" an, da nach Eintritt des Versicherungsfalles die Deckungspflicht des Versicherers den Ersatz eines konkreten Schadens umfasst. Eine Sublimitierung bliebe also außer Betracht, sodass der Versicherer den kompletten Neubauwert – mit den modernsten Anlagen – decken muss.
Des Weiteren entstünde im Kontext eines Teilschadens am Gebäude folgende Problemkonstellation: Wenn der Versicherungsnehmer eine Reparatur nur an einem Teil des Gebäudes vornehmen müsste, würde er eine Baugenehmigung von der zuständigen Behörde benötigen. Diese kann die Behörde aber ab dem 01.01.2024 verweigern, bzw. nur unter der Auflage erteilen, dass der Versicherungsnehmer die – egal ob noch funktionierende – Gasheizungsanlage austauscht. Es stellt sich also die Frage, ob der Versicherer auch in diesem Fall die Ersatzkosten übernehmen muss. Möglicherweise kann sich der Versicherungsnehmer auf eine Klausel über “Mehrkosten durch behördliche Auflagen” berufen. So kann er die Übernahme der Modernisierungskosten vom Versicherer fordern. Ob die Klausel in einem solchen Fall greifen würde, lässt sich nicht eindeutig beantworten. Dagegen könnte man einwenden, dass der Versicherungsfall – bei einer funktionstüchtigen Heizanlage – nicht der Grund, sondern lediglich den Anlass für die behördliche Auflage darstellt. In diesem Fall würde die Mehrkosten-Klausel nicht eingreifen.
Ist ein Schaden an der Heizanlage entstanden, der aber reparaturfähig ist, hat der Versicherungsnehmer keinen Anspruch auf die Kosten für die Beschaffung und Installation eines anderen Heizsystems (etwa einer Wärmepumpe). Der Versicherungsnehmer hat nämlich nur einen Anspruch, vom Versicherer so gestellt zu werden, wie er zum Zeitpunkt des Versicherungsfalls ohne den Schaden stehen würde. Diese Stellung umfasst aber nur die Funktionsfähigkeit der alten Heizanlage, nicht dagegen den Einbau einer neuen. Dies kann jedoch zu Schwierigkeiten in der Praxis führen, da nämlich Ersatzteile für Heizanlagen am Markt künftig nicht mehr aufzufinden sein werden. Damit wäre die Reparatur – auch wenn es sich nur um den Austausch eines kleinen Teils der Anlage handelt – nicht durchzuführen. Dies würde wiederum zur Annahme einer "Havarie" nach § 71 Buchst. i der 2. Novelle zum GEG führen, dessen Auswirkungen bereits besprochen wurden.
Die 2. Novelle zum GEG und ihre Auswirkungen betreffen im Rahmen der Umsetzung aktueller Energiepolitik Vermieter, Mieter und Versicherer gleichermaßen. Nicht nur die unmittelbare Benutzung von Gasheizanlagen wird vom Gesetzgeber stark eingeschränkt. Die unmittelbaren Auswirkungen umfassen Mietzinserhöhungen, Nebenkostenerhöhungen und Prämienanpassungen bei der Gebäudeversicherung. Es bleibt noch die tatsächliche Höhe abzuwarten, in der die Prämien- bzw. Mieterhöhungen zu erwarten sind.
Das Team von STC wird Sie auf dem Laufenden halten und zu aktuellen Entwicklungen zum Thema Gebäudeversicherung zeitnah berichten. Wenn Sie als Versicherer oder Versicherungsnehmer Fragen zur neuen GEG Novelle haben, setzen Sie sich mit uns gerne in Verbindung. Wir beraten Sie gerne weiter.